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Orthodoxe religiöse Bildung in der Diaspora: Konfessionelle Kooperation trifft den Nerv der Zeit

(01.10.2023) Der Arbeitskreis orthodoxer Theologinnen und Theologen im deutschsprachigen Raum lud zu seiner Tagung mit dem Titel „Religiöse Bildung in der Diaspora – Orthodoxer Religionsunterricht und konfessionelle Kooperation“ vom 27.–28.09.2023 nach Stuttgart-Hohenheim ein. An der Fachtagung nahmen orthodoxe, katholische und evangelische Expertinnen und Experten teil. Bischof Emmanuel von Christoupolis (Berlin) überbrachte die Segenswünsche der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland (OBKD), während das Grußwort der Akademieleiterin Dr. Verena Wodtke-Werner von Dr. Christian Ströbele vorgetragen wurde.

Die Wahl des Themas macht deutlich, „dass die Fragen der Gestaltung der religiösen Bildung in der Diaspora – inhaltlich, strukturell, kooperativ und innovativ – den Nerv der Zeit treffen“ und einen „Kairos für die akademische Synergie in den Fragen der konfessionellen und panorthodoxen Kooperation“ bilden, so die Tagungsleiterinnen Dr. Yauheniya Danilovich (Münster) und Dr. Marina Kiroudi (Bonn) in ihrer thematischen Einführung. Diese akademische Synergie gelte es ökumenisch zu gestalten.

Zu den zentralen Themen der Tagung gehörten Erfahrungen, aktuelle Entwicklungen und Perspektiven der konfessionellen Kooperation im orthodoxen Religionsunterricht in Deutschland und in Österreich. Konfessionsdifferenzsensibilität und Konvergenzsensibilität gehören nach Prof. Dr. Dr. Joachim Willems (Oldenburg) zu den Qualitätskriterien einer guten Zusammenarbeit, die sich in interkonfessionellen und interkulturellen Verflechtungen konkretisieren. Voneinander hören und miteinander reden sei erforderlich, so Prof. Dr. Jan Woppowa (Paderborn), während unterschiedlich ausgerichtete didaktische Zugänge, wie jener der konfessionellen Identitätsbildung, herausfordernd sei. Referate, Schlaglichter und Diskussion zeugten von der Spannung zwischen sprachlich-kulturellem Hintergrund und dem Wesen des Glaubens als eigentlich identitätsstiftendes Element in der Diaspora, ebenso zwischen kollektiver Identität und persönlicher Identitätsentwicklung auf bildungstheoretischer Ebene.

Didaktische Zugänge interkonfessioneller Zusammenarbeit im Religionsunterricht waren Gegenstand der theologisch-didaktisch ausgerichteten Workshops zu den Themen Bibel und ihre Auslegung, theologische Anthropologie und ethische Fragen, Jesus Christus und Gottesdienst. Bei Prof. Dr. Henrik Simojoki (Berlin) und Prof. Dr. Georgiana Huian (Bern) stellte sich etwa die Frage zu Möglichkeiten und Grenzen ikonendidaktischer Zugänge durch nicht-orthodoxe Lehrkräfte. In der abschließenden Podiumsdiskussion wurden Perspektiven für die Zukunft des Religionsunterrichts insgesamt diskutiert. Im Zusammenhang mit der Einführung des Christlichen Religionsunterrichts in Niedersachsen und einer orthodoxen Beteiligung in diesem Prozess berichteten Dr. Kerstin Gäfgen-Track und Alexej Tereschenko von ersten Schritten des Aufeinanderzugehens (Gründung des orthodoxen ExpertInnenrats, Stellungnahme der OBKD zum Christlichen Religionsunterricht einerseits sowie das Signal der evangelischen und katholischen Akteure, Inhalte über orthodoxe Inhalte und Perspektiven stärker einzubeziehen). Diese ersten Schritte auf dem gemeinsamen Weg des Christlichen Religionsunterrichts weiter auszubauen, bleibt eine zu erfüllende Aufgabe.

Insgesamt wurden die offenen Fragen und die abschließende Reflexion vom Bewusstsein geprägt, dass in Anbetracht der zunehmend religiös pluralen und zugleich säkular werdenden Gesellschaft eine konfessionelle Kooperation mit orthodoxer Beteiligung eine wichtige Perspektive für die Gestaltung des Religionsunterrichts bildet. Die Tagung gab zahlreiche Impulse für die künftige Weiterarbeit. Eine Publikation der Tagungsbeiträge ist in der Reihe „Eastern Church Identities“ des Verlags Schöningh/Brill geplant.

Der Arbeitskreis orthodoxer Theologinnen und Theologen im deutschsprachigen Raum versteht sich als Netzwerk deutschsprachiger orthodoxer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in Forschung und Lehre in Deutschland, Österreich und der Schweiz, akademisch tätig sind. Sein zentrales Anliegen ist die Förderung der orthodoxen Theologie im deutschsprachigen Raum; zugleich bleibt der ökumenische, interreligiöse und interdisziplinäre Austausch eine ständige Dimension seiner Arbeit. Alle zwei Jahre veranstaltet der Arbeitskreis eine Tagung mit einem thematischen Schwerpunkt. Die diesjährige Tagung fand in Kooperation der Katholischen Akademie Stuttgart-Hohenheim statt.

Das Programm der Tagung ist hier abrufbar.